Nicht mehr gefragt!

Ick jing Heiligabend, so eben nach acht,
als alle schon lange Bescherung jemacht,
allein durch die Strassen, die tief eingeschneit,
da hab' ick zu meiner Betroffenheit,
so wahr ick lebe, det Christkind gesehen,
det kam aus der Kneipe und konnte kaum stehen.
Een freundlicher Wirt hat et zu sich jenommen,
sonst waeret wahrscheinlich noch umjekommen.

Et trug een Beutel mit allerlei Jaben,
doch die wollt' heute keen Aas nun mehr haben.
Een Buch, een Paar Socken, 'ne Pudelmütze,
'n Paar Latschen, Bonbons, det war nischt mehr nütze.
Da zogen de Menschen bloß janz saure Mienen.
Die wolln heute Bügel- und Waschmaschinen,
und Plattenspieler, Autos und Nerze,
die pfeifen uff Tannboom, die pfeifen uff Kerze.
So jing det nu schon die kleensten Orte
und überall schmiss man de Tür und de Pforte
dem Christkind vor de Neese zu,
det fror uff der Strasse und dachte: "Wozu?
Wat ick zu bieten hab, wolln die doch nie.
Det Fest jehoert heute der Industrie!"

So fand et der Wirt von de "Joldene Zehn".
Der dachte: "Det kann einem das Herz umdrehn",
und lud denn det Christkind zu sich in sein Haus
und jab erstmal een ordlichen Jluepunch aus.
Er sagte menschlich: "Mein Kleener, nu waerm dich,
wer soll det mit ansehn, det is ja erbaermlich!
Die Christenheit heute hat ooch eenen Rappel,
die hustet uff deine Nuesse und Appel.
Die Joeren, die kleenen, sind ooch schon janz hektisch,
die wolln eene Eisenbahn, - aber elektrisch!
Und jibste die eene zum Selbstuffdrehn,
dann ziehn se dir'n Flunsch und lassen se stehn.
Et is durch die Bank vajessen bei allen
von wegen 'Den Menschen ein Wohlgefallen'."
Da nickte det Christkind und sagte: "Det stimmt!"
Nu jab ihm der Wirt noch een Jluehpunsch mit Zimt.
Da lachte et jluecklich: "Ick kriech warme Beene.
Nu latsch ick so langsam zum Himmel zurueck.
Ick dank Dir, nu war ick doch nich so alleene,
da hatt' ick bei all meinem Pech doch noch Jlueck.

“Frohe Weihnacht!"

Robert T. Odeman (1904-1985)

 

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