Frühling
 

Der Lenz ist da (Tucholsky)

 

Frühling - Gedanken und Weisheiten
Frühling auf Vorschuss (Kästner)  

April (Flaischlen)

April (Flaischlen)

 

Das Lenzsyndrom (Tucholsky)
Die Knospen knospen (Manz)   Besagter Lenz ist da (Kästner)
   

Frühlingslied (Heine)

 

 

Frühling (Christine Nöstlinger)
 

 

 

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Der Lenz ist da

Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
Dann im Kalender und dann in der Luft,
Und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
Sich in die frischgewaschene Frühlingsluft.

Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
Doch seine Triebe kennen keine Grenze ?
Dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.

Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
Man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
Und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
Geblümte Kleid? Ja, hat das Gott gewollt?

Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid?
Die feine Dame senkt die Augenlider,
Der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.

Durch rauh Gebrüll lässt sich das Paar nicht stören,
Ein Fußtritt trifft den armen Romeo?
Mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören...
Und das geht alle, alle Jahre so.

Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
Stell mir den Kaffee auf den Küchentritt.
Schon dröhnt mein Bass: Sabine, bine, bine...
Was will man tun? Man macht es schließlich mit.

Kurt Tucholsky (1890–1935)

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Frühling auf Vorschuss

Im Grünen ist’s noch gar nicht grün.
Das Gras steht ungekämmt im Wald,
als sei es tausend Jahre alt.
Hier also, denkt man, sollen bald
die Glockenblumen blüh‘n?

Die Blätter sind im Dienst ergraut
und rascheln dort und rascheln hier,
als raschle Butterbrotpapier.
Der Wind spielt über’m Wald Klavier,
mal leise und mal laut.

Doch wer das Leben kennt, der kennt’s.
Und sicher wird’s in diesem Jahr
so, wie’s in andern Jahren war.
Im Walde sitzt ein Ehepaar
und wartet auf den Lenz.

Man soll die beiden drum nicht schelten,
sie lieben die Natur
und sitzen gern in Wald und Flur.
Man kann’s ganz gut verstehen, nur:
Sie werden sich erkälten!

Erich Kästner

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April

Und wenn du jetzt aufwachst morgens ...
ganz leis und fein
spielt um die Dächer
der Sonnenschein,
und du bist nicht mehr müde,
wie sonst, und verzagt:
was soll nun wieder
voll Mühsal und Plag
der ganze lange endlose Tag!?

Froh und munter
geht's ihm entgegen,
und alles ist so wunderbar
frisch und stark und hell und klar,
das ganze Leben so frei, so leicht,
daß du dich selber drüber wunderst:
von was für töricht dummen Dingen
du das Herz dir ließest zwingen
und kaum begreifst:
mit welch erbärmlichen Kleinigkeiten
die Menschen sich das Leben verleiden ...

Kleinigkeiten, ob denen es kaum
der Mühe wert, ein Wort zu verlieren,
geschweige denn tage- und wochenlang
zu quälen sich und zu schikanieren ...
und vollends jetzt, da's Frühling wird
und, wenn du aufwachst morgens,
ganz leis und fein
um die Dächer spielt
der Sonnenschein
und alles rings so wunderbar
frisch und stark und hell und klar ...
wozu sich da grämen und betrüben!
nein, weg mit all den Schererei'n!
es lohnt sich da wahrlich nur: zu lieben!
es lohnt sich da wahrlich nur: froh zu sein!

Cäsar Flaischlen (1864-1920)

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Frühling
 

Die Knospen knospen und sind schon wach,
die Keine keimen noch schüchtern und schwach,
die Weiden weiden das Gras ab am Bach.
  

Die Bäume baumeln (das ist ihre Pflicht),
die Sträucher straucheln im Dämmerlicht,
die Stämme stammeln ein Frühlingsgedicht.
  

Die Hecke heckt neue Streiche aus,
der Rasen rast wie rasend ums Haus,
Der Krokus kroküsst die Haselmaus.
  

Die Drossel erdrosselt den Regenwurm,
das Rebschoß erschoss nachts die Reblaus im Turm,
drum erlaubt sich das Laub noch ein Tänzchen im Sturm.
 

Er himmelt der Himmel ein Wölkchen an,
es windet der Wind sich durch Löwenzahn,
und bereits blättern Blätter im Sommerfahrplan.
 

Hans Manz, Schweizer Lehrer, Schriftsteller und Journalist

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